Anja Degenhardt, Fraktionsvorsitzende
(Es gilt das gesprochene Wort)
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Kämmerin, liebe Kolleginnen und Kollegen,
vorab noch einmal vielen Dank an Frau Schrievers sowie Ihre Kolleginnen und Kollegen für die
Erstellung des Haushalts und auch an den Bürgermeister sowie Herrn Schippers für die sich
anschließenden Beratungen.
Frau Schrievers, Sie haben uns bereits im Vorwort Ihrer Einbringung des Haushalts eine Auflistung
der zahlreichen Krisen, denen der Haushalt mittlerweile standzuhalten hat, gegeben.
Corona, Krieg in Europa, Inflation, Flüchtlingswelle, Energie- und Baukostenexplosion haben Sie
benannt. Ergänzen möchte ich, Klimawandel und Klimafolgeanpassung, zwei Faktoren, die
sicherlich zukünftig auch finanziell noch deutlich zu Buche schlagen werden.
Entsprechend gilt es, den Haushalt mit Augenmaß aufzustellen.
Vollkommen unverständlich ist es da aus unserer Sicht, dass im Haushalt nach wie vor Kosten für
die Planung eines interkommunalen Bades zu finden sind.
Die Verwaltung musste diese Kosten aufführen, denn so ist die aktuelle Beschlusslage des Rates.
Daher appelliere ich auch hier erneut an das Augenmaß der Kolleginnen und Kollegen.
Es hat im vergangenen Jahr einen eindeutigen Entscheid der Bürgerinnen und Bürger für den
Erhalt des Freibades in Niederkrüchten gegeben, und mittlerweile haben wir auch hocherfreulich
eine Zusage über Fördermittel des Bundes in Höhe von 2,8 Mio. Die meisten Bürgerentscheide
scheitern im Übrigen am zu erreichenden Quorum. Dieses wurde in Niederkrüchten deutlich
überschritten, und ich bin sehr froh darüber, dass sich die Menschen in unserer Gemeinde noch
interessieren und engagieren.
Diese Entscheidung sollte jetzt wirklich auch der Letzte endgültig akzeptieren!
Unsere Aufgabe besteht nun darin, über die Umsetzung des Bürgerentscheides hinaus Lösungen
für das Schul- und Vereinsschwimmen zu finden. Das sollten wir nüchtern und ergebnisoffen im
Rahmen unserer Möglichkeiten tun.
Ein weiterer großer Kostenfaktor bei den Investitionen in diesem Haushalt sind die neu zu
errichtenden Unterkünfte für geflüchtete Menschen.
Das dies notwendig ist, ist ohne Frage eine Tragödie! Den grauenhaften Krieg gegen die Ukraine
können wir täglich live im Fernsehen mitverfolgen. Der Verursacher ist eindeutig und die Solidarität
und Hilfsbereitschaft ist entsprechend groß.
Leider ist aber klar, dass auch im Falle des Friedens in der Ukraine viele Menschen weiterhin
gezwungen sein werden aus Ihrer Heimat zu flüchten. Die Ursachen hierfür werden allerdings
diffiziler. Nach den Prognosen des UNO Flüchtlingswerks werden die Folgen des Klimawandels
zur Hauptursache für Flucht. Länder werden schlicht nicht mehr bewohnbar sein und es wird
Kämpfe um Ressourcen geben. Der Verursacher ist in diesem Fall nicht so eindeutig festzustellen
und in jedem Fall sind wir durch unser Verhalten jetzt und in den vergangenen Jahrzehnten
mitschuldig. Grund genug, jede Entscheidung, die wir hier im Kleinen treffen, auch immer auf Ihre
Auswirkung aufs große Ganze zu hinterfragen.
Bereits in meiner Rede 2021 habe ich den Industriepark (und ich spreche jetzt ausdrücklich nicht über den Energiepark) als Niederkrüchtens größte ökologische Katastrophe bezeichnet und die Frage gestellt, was denn unsere Bürgerinnen und Bürger davon haben? Nun, da zumindest für den ersten Teil der Bebauungsplan aufgestellt wird, können wir aus
den Gutachten so einiges erfahren. 94ha umfasst dieses erste Plangebiet und nur 80% werden
versiegelt. Das bedeutet dann also 752.000m2 Beton und Asphalt.
Der prognostizierte werktägliche Neuverkehr liegt bei rund 7000 PKW und 4400 LKW. Davon
ausgehend, dass diese mit An-/Abfahrt, Parken, Rangieren ca. 5km auf dem Gelände zurücklegen,
werden alleine vor Ort nur durch den Verkehr täglich ca. 22,5t CO2ausgestoßen sowie 34kg
Reifenabrieb verursacht. Diese Werte beziehen sich wie gesagt nur auf den ersten Teil der
Gesamtfläche. Warum aber wird der Plan nicht für das gesamte Gebiet aufgestellt? Erste Vermutungen der
Salami Taktik liegen sicher nah. Der Fachbereichsleiter erläuterte, dass sich die Planung an der
Leistungsfähigkeit des bestehenden Autobahnanschlusses ausrichtet.
Das sagt schon alles und ist definitiv aus der Zeit gefallen.
Das ist den Niederkrüchtenern also sicher. Aber was sind die positiven Effekte?
Möglicherweise, irgendwann ein erhöhtes Steueraufkommen. Das lässt sich aber gegenwärtig
nicht seriös schätzen, ist auch die eigene Aussage des Investors und sicherlich richtig.
Auch als positiv werden häufig Arbeitsplätze genannt.
Wenn ich mir den Bericht zum Fachkräftemangel ansehe und den Ausführungen des
Bundesarbeitsministers Heil vertraue, benötigen wir zukünftig jährlich 400.000 Zuwanderer nur um
den Status Quo zu halten. Wie genau man da als Mitglied des Gemeinderates Niederkrüchten auf
die Idee kommen kann wir müssten dringend Arbeitsplätze schaffen, erschließt sich mir nicht.
Die Verwaltung hat diese Problematik erkannt und weist daher zur Attraktivitätssteigerung
Erhöhungen in den Personalaufwendungen aus. Das ist sicherlich richtig, und sehr erfreulich ist
auch festzustellen, dass es gelungen ist im vergangenen Jahr zum 01.08. eine
Fördermittelmanagerin sowie zum 01.12. eine Klimaschutzmanagerin einzustellen. Auch für die von uns beantragte Stelle für einen Sozialarbeiter/Sozialarbeiterin ist die Besetzung sehr kurzfristig gelungen. Der „Arbeitgeber Gemeinde Niederkrüchten“ ist im Vergleich gut aufgestellt
Das Mobilitätskonzept, welches im vergangenen Jahr fertiggestellt wurde und einen deutlichen
Schwerpunkt auf klimaschonenden Verkehr setzt, ist nun zur sukzessiven Umsetzung mit
250.000€ p.a. im Haushalt berücksichtigt.
Für die von uns seit Jahren aufgezeigte Einnahmequelle „Windkraftanlagen auf Gemeinde
eigenen Flächen“ gibt es nun zumindest einen Auftrag zur Erstellung eines Grobkonzeptes.
Unsere Fraktion könnte also durchaus den meisten Punkten dieses Haushaltsplanes zustimmen,
aber bedauerlicherweise ist es nicht möglich, einzelne Positionen des Haushalts abzulehnen.
Wir halten es für Verantwortungslos gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, in der aktuellen
Situation unsere Zustimmung zu weiteren 100.000€ für die Planungen des Interkommunalen
Bades in 2023 zu geben. Sowie die Aussicht auf zusätzliche Kosten in der mittelfristigen
Finanzplanung in Höhe von 6,2 Mio. € zum Bau desselben, bei denen jetzt schon klar ist, dass
diese nicht zu halten sind.
Daher werden wir diesem Haushalt heute nicht zustimmen.
Zum Ende erlaube ich mir trotzdem noch das traditionelle Zitat:
„Wir hätten wenig erreicht, wenn die Menschen in Zukunft nicht mehr durch Kriege, sondern durch
Umweltkatastrophen in ihrer Existenz bedroht würden.
Umweltschutz ist daher immer auch verlängerte Friedenspolitik“
Willi Brandt, 1972
Danke für Ihre Aufmerksamkeit
Ergänzende Pressemitteilung zum Haushalt 2023
Es ist schon bemerkenswert, dass im Vorfeld des Bürgerentscheides von 5 Fraktionen publiziert
wurde, dass die Gemeinde Niederkrüchten sich ein Freibad und ein interkommunales Bad nicht
leisten kann, jetzt aber von allen 5 diesen Ausgaben zugestimmt wird.
Wir möchten unsere Zustimmung nur zu Investitionen geben, die wir auch zu tätigen bereit sind.
Das gebietet sowohl die Ernsthaftigkeit des Haushalts, als auch die Transparenz gegenüber den
Bürgerinnen und Bürger sowie die Fairness gegenüber möglichen Partnern (in diesem Falle der
Gemeinde Brüggen).
Die zukünftige Lösung muss, wie gesagt nüchtern und ergebnisoffen im Rahmen unserer
Möglichkeiten gesucht werden.
Egal wie sie aussieht wird es in den nächsten 3-4 Jahren innerhalb der Gemeinde NK kein
Schul- und Vereinsschwimmen geben.
Die Verwaltung wird sich also weiterhin bemühen müssen in benachbarten Kommunen Zeiten
anzumieten. Ob dies auch dauerhaft eine Lösung sein kann, sollte abgewogen werden.
Ebenso müssen wir dringend den Dialog mit den Schulen suchen. Ist für diese eventuell auch ein
Blockunterricht im Freibad (beispielsweise vor/nach den Sommerferien) denkbar ?
Ist es eine Option die jährliche Nutzungsdauer des Freibades mittels einer Traglufthalle deutlich zu verlängern?
In Zeiten knapper Kassen sind kreative Lösungen gefragt. Ein (Stand 2020) mehr als 12 Mio.€
teures interkommunales Bad ist es aus unserer Sicht jedenfalls nicht.
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